Elden Ring: Shadow of the Erdtree - Review

Mal atemberaubend schön, mal fies frustrierend

Elden Ring: Shadow of the Erdtree ist eine Achterbahn der Gefühle (Review)
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Ein groteskes Ungeheuer, angeblich ein Flusspferd, das eindeutig auch ein Nashorn, eine Ratte und ein vergoldetes Stachelschwein im Familienstammbaum hat, rennt im völlig bekloppten Tempo auf mich zu, nur einen Sekundenbruchteil, nachdem ich die Arena betrete. Ich tätige meine Ausweichrolle einen winzigen Augenblick zu spät. Da hat mich das Monstrum auch schon zwischen die Zähne genommen und klopft mich weich wie ein Schnitzel. Als es endlich von mir ablässt, befinden sich in meinem Lebensbalken noch ungefähr drei rote Pixel. Wenn ich jetzt irgendwie von dem Viech wegkomme, habe ich vielleicht noch die Chance auf Heilung und ein Comeback. Dummerweise befindet sich der Obermotz genau vor, die Mauer der Arena exakt hinter mir, was die Kamera dazu veranlasst, eine Untersuchung zur Darmkrebsvorsorge einzuleiten. Soll heißen: Das Spielgeschehen zoomt jetzt ganz dicht in die Hinterbacken meines Avatars rein und ich habe keine Ahnung, was um mich herum geschieht. Einen Moment später bin ich auch schon tot.

Shadow of the Erdtree hat einige richtig, richtig fiese Frustmomente. Bosse sind noch eine ganze Ecke aggressiver als im Basisspiel, setzen absolut alles daran, euch am Heilen und Beschwören zu hindern, feuern teilweise absurd lange, rasend schnelle und sehr schwer berechenbare Angriffsketten ab und vernichten euch so hart, dass euch im richtigen Leben das Gesäß schmerzt. Für viele Spieler und Spielerinnnen dürfte hier die Grenze von der harten, aber spaßigen Herausforderung zur Selbstgeißelung klar überschritten werden. Zum Zeitpunkt dieses Artikels sitzt die Erweiterung zu Elden Ring bei über 30.000 User-Reviews auf Steam, von denen gerade mal 63 Prozent positiv ausfallen. Und ganz ehrlich: Bei diesem Test tauchten auch ein paar neue Bissspuren an meiner Schreibtischkante auf, obwohl ich sonst großer FromSoftware-Fan bin und auch Elden Ring sehr mag. Wie gut euch Shadow of the Erdtree letzten Endes gefällt, hängt vor allem davon ab, wie ihr diese Art Spiel am liebsten angeht.

Ein Fest für Entdecker

Die ganz große Stärke dieser Erweiterung ist das Art Design. Elden Ring war noch nie die ultimative Grafikbombe, sah schon immer etwas angestaubt aus und als zynischer, alter Sack haut mich sowieso nichts mehr vom Hocker, weil ich alles schon mal gesehen habe. Und dann haut FromSoftware hier eine Spielwelt raus, die ist so umwerfend schön, fremdartig und schlicht andersweltlich, dass sie locker alles übertrifft, was ihr bisher im Spiel entdecken konntet. Ich kann überhaupt nicht genug betonen, wie unwahrscheinlich gut die unterschiedlichen Areale und Landschaften im Spiel aussehen! Falls ihr die Spielwelt sowieso schon immer am liebsten hoch zu Ross erkundet und erst mal sämtliche Karten aufgedeckt habt, bevor ihr euch auf Dungeons und Bosse stürzt, seid ihr hier genau richtig.

Die schönsten Landschaften darf ich wieder mal nicht zeigen, denn wer spoilert, kommt in die Hölle.

Die Sache hat nur einen Haken: Habt ihr eher keine Lust darauf, kreuz und quer durch die Landschaft zu reiten und alles abzugrasen, seid ihr in Shadow of the Erdtree gelutscht. Zu Beginn der Erweiterung seid ihr nämlich ungeachtet von Level und Ausrüstung so schwach wie ein neugeborener Regenwurm. Stärker werdet ihr nur, wenn ihr ihr überall in der Welt verteilte Fragmente des Scadu-Baums sammelt. Damit stärkt ihr eure Angriffs- und Verteidigungskraft in den neuen Spielgebieten. Bevor ihr euch auf diese Art aufpowert, heben euch die meisten Feinde ganz locker mit zwei Hieben aus den Socken. Findet euch besser gleich damit ab, dass ihr zu Beginn in vielen Kämpfen verdammt schlechte Karten habt, auch wenn ihr im Hauptspiel gerade noch nahezu unbesiegbar wart. Wer überleben will, sammelt erst mal brav Teile eines Baums.

Altbackene Technik

Die Erweiterung sieht umwerfend aus, beseitigt aber keine altbekannten Probleme. Auch gut zwei Jahre nach Release unterstützt Elden Ring keine Ultrawide-Auflösungen und limitiert die Bildwiederholrate auf maximal 60 FPS. Wobei ihr die selbst auf mächtiger Hardware ohnehin nie durchgehend zu sehen bekommt, denn das Spiel leidet bis heute an regelmäßigen Rucklern und Einbrüchen in der Performance. Aktuell fliegt man auch immer wieder mal aus der laufenden Sitzung, weil Easy Anticheat Fehlalarm auslöst und dann den Online-Modus bis zum nächsten Neustart sperrt. Teleportierende Bosse und Koop-Mitspieler, die wild durch die Landschaft ruckeln, gehören ebenfalls zum Programm, wenn man nicht gern alleine spielt - so ausprobiert mit meiner Partnerin, die im selben Haus lebt und an derselben Leitung hängt wie ich.

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Ebenso störend wie die mangelhafte Technik ist die nervige Anzahl an Recycling-Gegnern, die schon im Basisspiel viel zu oft zum Einsatz kommen: Die Erweiterung bombardiert euch geradezu mit altbekannten, immergleichen Drachen - und die werden auch nicht irgendwie spaßiger, nur weil ein paar davon jetzt neue Partikeleffekte haben. Der obligatorische Baumgeist darf natürlich auch nicht fehlen, einen Todesvogel gibt's auch wieder. An fallengespickten Mausoleen und von Skeletten bewohnten Höhlen habt ihr euch in den letzten zwei Jahren hoffentlich nicht sattgesehen, denn die nehmt ihr hier natürlich auch wieder in Angriff. Manchmal entdeckt ihr auch mal meilenweit überhaupt nichts, bis auf die unvermeidbaren Zelte und Palisaden, zwischen denen sinnlos irgendwelche Soldaten herumpatrouillieren.

Richtig coole Highlights

Es ist ärgerlich, dass in der Erweiterung so viel altbekannter Krempel wiederverwertet wird, denn die wirklich neuen Inhalte sind verdammt gut! Einer der versteckten Neben-Dungeons im Spiel gewährt euch tiefere Einblicke in die lebendigen, verzauberten Pötte, die euch im Hauptspiel begegnen und dort sogar ein ganzes Dorf bewohnen. Es gibt einige geniale neue Waffen im Spiel, wie beispielsweise ein Wurfmesser, das nach dem Angriff zuverlässig zu euch zurückkehrt, die übergroßen neuen Great Katanas, elektrisch geladene Zwillingsäxte und als Paar geführte Großschwerter, die mit verheerenden Magie- und Feuerattacken aufgeladen sind und so viel mehr. Neue Kriegsaschen, Beschwörungen und Zauber, sowie einige sehr schicke und nützliche Rüstungssets eröffnen neue Spielstile und besseres Fashion Ring - das wahre Endgame.

Neue Ausrüstungsgegenstände wie dieser Helm sind eher etwas ... gewöhnungsbedürftig.

Die neuen Bosse sind unheimlich gut inszeniert, die Story um Miquella und dessen Jünger ist interessant - zumindest dann, wenn ihr mit dem FromSoft-typischen Storytelling etwas anfangen könnt und euch nicht daran stört, dass ihr komplette Erzählstränge und Quests verpassen oder durch bestimmte Aktionen total versägen könnt. Das Schicksal vieler Charaktere liegt in eurer Hand, solltet ihr euch die Mühe machen, euch mit ihnen zu befassen. Wer alles mitnimmt, kommt hier auf 30 oder mehr Spielstunden. Konzentriert ihr euch nur auf die Hauptinhalte der Erweiterung, brettert ihr hingegen in rund zehn Stunden durch, wenn ihr euch an den bockschweren Bossen nicht die Zähne ausbeißt.

Fazit

Elden Ring: Shadow of the Erdtree bereichert das Spiel um etliche coole neue Waffen, Rüstungen, Zauber und Beschwörungen. Die neuen Spielareale sehen atemberaubend aus, die neuen Bosse sind spektakulär inszeniert. Dem gegenüber stehen zu viele altbekannte, wiederverwertete Inhalte, ein noch härterer Schwierigkeitsgrad als im Basisspiel, altbackene Technik und ein Upgrade-System für den Spielercharakter, das ein gründliches Erforschen der offenen Welt zur Pflicht macht.

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